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Schlundvestopfung

Ihr kennt das Sprichwort: “Man hat schon Pferde kotzen sehen”. Das beschreibt unglaubliche oder unwahrscheinliche Situationen. Weil Pferde eben nicht kotzen können! Futter kann nur in Richtung Magen transportiert werden. Der Refletorische Muskel am Mageneingang funktionioert nur “on way”.

Jarote hält mich derzeit wirklich auf Trab. Am Freitag hatte er – nachdem er ca. 5 Min Heu gefressen hat – eine Schlundverstopfung. Er hat mir das Erkennen der Symptome leicht gemacht, denn er hat sie alle gezeigt: erst husten, schnauben, dann würgen und krampfen in der Halsmuskulatur (also im Bereich des Schlunds). Schließlich kam Futter und Schleim aus den Nüstern geflossen. Man konnte eine Beule auf der linken Seite des Halses unterhalb des Kehlkopfes (typische Stelle) bemerken. Ich hatte schon den Sattel in der Hand, als promptes Reagieren gefragt war. Zunächst haben wir ihm mit einem Schlauch Wasser ins Maul gespritzt. Dafür habe ich den Schlauch tief ins Maul eingeführt. Dann habe ich Schlund und Nacken leicht bewegt (eher geschaukelt). Da ich wußte, dass er keinen harten Gegenstand (wie z.B. eine Möhre oder ein Apfelstück) gefressen hatten, kann man diese Technik anwenden, um das, was festsitzt, etwas zu lösen. Ansonsten könnte man die empfindliche Schleimhaut im Schlund verletzten. Also bitte: VORSICHT! Wir haben so Spülen, Hals schaukeln und Gehen abgewechselt. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass die Pferde den Kopf tief halten. Man kann so verhindern, dass das Futter, was sich jetzt in der Nebenhöhle befindet beim Einatmen in die Lunge gelangt. Das ist übrigens auch eine ernstzunehmende “Folgegefahr” nach überstandener Schlundverstopfung: die Lungenentzündung!
Ich hatte Glück und ein Tierarzt war bereits nach ca. 20 Min vor Ort. Es wurde ihm ein krampflösendes Mittel (Buskopan) gespritzt und unter leichter Sedierung der Schlund gespült. Hierbei kann der TA überprüfen, ob der Weg zum Magen frei ist oder noch was festsitzt und es ggfls. lösen. Die Prozedur hat er – wie alles in diesem Prozess – sehr kooperativ mitgemacht. Wasser direkt ins Maul gespritzt zu bekommen, findet er sonst nicht so gut. Aber einmal mehr konnte ich beobachten, dass die Tiere instinktiv merken, wenn man ihnen hilft und dann plötzlich Sachen tolerieren, die vorher nicht drin waren 😉

Was pssiert eigentlich bei der Schlundverstopfung? Futter bleibt in der Speiseröhre hängen. Weil es nicht flutscht (zu trocken, zu wenig eingespeichelt) oder zu sperrig ist (z.B. Möhren- oder Apfelstück) oder die Speiseröhre eine Aussackung hat, durch die die gleitende Passage unterbrochen wird. Vernarbtes Gewebe (wenn Schlundverstopfungen wiederholt auftreten) kann auch ein Grund sein. Wenn der Fremdkörper länger festsitzt, schwillt an der Stelle die Schleimhaut der Speiseröhre an und dann geht noch weniger! Sitzt der Engpass weit hinten (in Magennähe) fressen die Pferde oft noch weiter, sodass sich dann eine Menge an Futter ansammeln kann. Geschwollene Lymphknoten können ebenfalls die Passage verengen.

Junge Pferde im Zahnwechsel, alte Pferde mit nicht mehr optimalem Gebißstatus und gierige Fresser neigen zu Schlundverstopfungen. Auf viele Situationen hat der Mensch keinen Einfluß – wir können aber ein paar Vorsichtsmaßnahmen anwenden: Möhren und Äpfel NICHT klein schneiden. Wenn das Futter “groß” ist, setzt beim Pferd der Kaureflex ein. Kleine Stücke werden schon mal – insbesondere beim hastigen Fressen – so mit heruntergeschluckt. Keine zu kleine Äpfelchen füttern, die flutschen oft durch. Heucobs, Rüberschnitzel, Mash usw. immer ausreichend LANGE einweichen. Ich mache das immer mit heißem Wasser – dann geht es noch besser. Stücke, die nicht im Vorfeld gequollen sind, können das im feuchten Millieu der Schleimhaut tun und dann im Schlund an Volumen zulegen. Ist das Pferd ein hastiger Fresser, kann man einen Stein in den Trog geben, damit es beschäftig ist, den zur Seite zu schieben und so weniger schnell fressen können.

Zur Erklärung der Grafik: Sobald Futter im Rachenraum angekommen ist, verschließt sich das Gaumensegel (1 “rot”). So kann kein Futter in den Nasenraum (2) gelangen. Gleichzeitig verschließt auch der Kehldeckel (3 “blau”) die Luftröhre (4), sodass das Futter in die Speiseröhre (5) gleiten kann.

Jarote hat alles gut überstanden. Der TA hat einen Schleimlöser verschrieben, damit – falls Partikel in die Lunge gelangt sein sollten – er gut abhusten kann. In den nächsten Tagen stand weiches feuchtes Futter auf dem Speiseplan. Ich werde bei meinen Pferden jetzt das Kraftfutter anfeuchten. Sicher ist sicher.

Merke: Eine Schlundverstopfung ist immer eine ernste Sache. Der Tierarzt muß sofort gerufen werden. Je länger der Zustand anhält, desto problematischer wird es für das Pferd.

15. Oktober 2018|Gesundheit|